Gevatter Tod holt sich die, die er haben will!
Seit den Totemkulthandlungen früher Menschheitskulturen bereichern Totentänze die menschlichen Vorstellungswelten. Aber erst im frühen 15. Jahrhundert entstanden bilderbuchartige Totentanzdarstellungen wie zum Beispiel die bekannten Baseler oder Lübecker Totentänze. Seit diesen Darstellungen zieht sich der „Dance marcabre“ als ein roter Faden durch die nachfolgenden Kulturepochen wie dem Barock, der Aufklärung, dem Impressionismus wie bei den Malern Louis Corinth, bei Max Klinger mit urinierendem Skelett bis hin zu Zeugnissen zeitgenössischer Kunst wie z.B. bei Daniel Richter. Im vergangenem Wagner – und diesjährigem Straußjahr schwelgt die Musik in dramatischen Todestaumeln und in tödlichen Vorahnungen. Der Doppelgänger und Totesengel steht sowohl für ein apokalyptisches Gleichnis als auch für vanitashafte Erziehung des gesellschaftlichen Wesens Mensch ein.
Das alljährliche okkulte Treiben der Gothik – Anhänger in Leipzig wirkt dagegen weniger essentiell. Die Diskussionen um die Ablehnung des neugemalten Lübecker Totentanzes im Jahre 2004 als Ersatz für den beim kriegsbedingten Bombardement verbrannten historischen Tanz zeigt die ungebrochene Brisanz des Themas.
In der Vorstellung im Bestattungshaus ging es um moderne Bezüge zum Thema, dessen Spannbreite die Philosophie, Politik, Kunst, Sexualität, Gastrosophie, den Vanitasgedanken und die Lebensinhaltsfrage umfasst.
Frau Dr. Timm vom Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie e.V. und Frau Slabon, Berufstänzerin im Ballett der Oper Leipzig, referierten, lasen, zeigten und tanzten abwechselnd für Sie zu diesem interessanten und aktuellen Thema.
Stefan Seidel
Schreibe einen Kommentar