Kennst du die Sorgen deines Nachbarn? Der, der immer lachen soll. Seine Nöte, seinen Kummer, seine Angst?
Natürlich nicht, weshalb auch? Du hast schließlich genug eigene. Deine interessieren ihn auch nicht. Denkst du.
Die Geschichte ist lang, lange her. 1976 begann sie mit der Fusion von Fusion und Renft und im Jahr darauf stand Lutz Kirsten Solo hinter dem Mikro auf DDR2. Ihren vorläufigen Höhepunkt fand sie 2011, als die Sterne über mir nicht den Weg auf das aktuelle Vinyl fanden und die Sterne über dir weiterhin nur in einer liebevoll zusammengestellten Video-Kassette zu bestaunen sind.
Du verstehst nur Bahnhof? – Mach dir nichts draus. Neunundneunzig von einhundert anderen auch.
Oft ist es überhaupt nicht unsere Absicht, den gegenüber alles verstehen zu lassen. Es reicht, wenn er zuhört, ab und zu verständnisvoll zustimmend nickt und in Wirklichkeit hofft, bald das Weite suchen zu können. Menschen halt.
Wir sind die gemeinsten, die hinterhältigsten und dabei doch kreativsten Kreaturen, die das Erdenrund hervorgezaubert hat. Und erst, wenn der Zauber einmal vorbei ist, endet auch das Erdenrund. Für diesen Zustand wurde der Begriff Schicksal erfunden, aber gleichzeitig so definiert, dass der geneigte Benutzer alles dahinein interpretieren kann, was ihm lieb und teuer ist, was er loswerden möchte, was er nicht fassen kann.
Es ist sein Schicksal, dort zu weinen, wo andere lachen und es ist sein Schicksal, dort laut loszuprusten, wo anderen zentimeterdicke Kullern aus den Augen rollen. In City Lights (Lichter der Großstadt) verheddert sich der über beiden Ohren verliebte Tramp Charlie in alles, was im Wege steht und selbst die Straßenjungen weiden sich an seiner zerrissenen Hose. Auch wenn die Geschichte natürlich ein Happy End findet und das Publikum Beifall klatschend den Saal verlässt, das andauernde Missgeschick des gutmütigen Tramps müsste ein Dauerweinen auslösen.
Tränen sind der Klebstoff unserer Fassade.
Bröckelt diese, kullern sie hemmungslos im Flutlicht der Nacht.
Die Geschichte geht weiter? – Wirklich?
Dann erzähl sie doch.
Unser Kurzgeschichtenwettbewerb läuft noch und für das Preisgeld kann man auch die Fassade wieder befestigen lassen.
Zum Beispiel.
(c)Casus. 2015
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